Lord of the Forest

Lord of the Forest

Dezember 10, 2015 0 Von admin

Eine kleine Geschichtsstunde:

>>Die Kinder von Himmelsvater (Rangi) und Mutter Erde (Papa) lebten in Dunkelheit, weil ihre Eltern eng umschlungen waren.
Da sich die Kinder aus dieser misslichen Lage befreien wollten – ohne die Eltern töten zu müssen – entschlossen sie sich diese auseinander zu schieben.
Nach vielen misslungenen Versuchen schaffte es Tane, indem er die beiden unter großem Aufschrei mit den Beinen auseinander stemmte.
Und so trägt er bis heute die Last auf seinen Schultern, um Licht auf die Erde zu bringen und das Leben zu ermöglichen.<<

 

So ähnlich soll sich nach dem Glauben der Maoris die Schöpfung ihrer heutigen Welt zugetragen haben.
Und eben jenen Gott des Waldes wollte ich bei einem Tagesausflug besuchen.

DSC_1070Aber erstmal zum Anfang: Als ich am Tag vorher die Tour im iSite buchen wollte, stand mein Vorhaben erstmal auf der Kippe. Ich war bisher die einzige, die sich für die Tour interessiert hat – und sie findet erst ab 2 Personen statt.

Also habe ich meine Nummer dagelassen und mich dann auf den Weg nach Russell gemacht. Nachmittags kam dann endlich der Anruf, dass sich noch eine zweite Person gemeldet hat!

Deshalb hieß es dann am nächsten Tag für mich früh aufstehen, bevor ich dann von unserem Fahrer Carl am Hostel abgeholt wurde. Der andere Passagier (?) war Marilyn – eine Australierin fortgeschrittenen Alters.

DSC_1048Der erste Stop führte uns zu den Wairere Boulders – Felsenbrocken vulkanischen Ursprungs, die sich nach einem Ausbruch im Wairere Valley angesammelt hatten.

Das besondere an den Felsen war, dass sie gebrandmarkt waren von den riesigen Kauri-Bäumen, die einst auf ihnen gewachsen sind: Die Wurzeln der Bäume und ihre Säure haben eindrucksvolle, tiefe Furchen in dem massiven Gestein hinterlassen.

Hier kann man die Furchen ganz gut erkennen.

Hier sieht man die Furchen in den Felsen.

Da Marilyn wegen gesundheitlichen Problemen den Weg nicht mitgehen konnte, bekam ich von Carl eine private Führung: Er erklärte mir nicht nur die Geschichte hinter den Felsen, sondern gab mir auch einen Einblick in natürliche Apotheke Neuseelands.

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Hulk war gestern!

Danach machten wir einen Stop in einem kleinen Cafe – von dessen Terasse hatte man eine phänomenale Aussicht über den See.

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Auf dem Weg zum Kauriforest haben wir noch Bill – unseren Maori-Guide für diesen Tag – abgeholt.
Wenn man jeden Tag so eine Aussicht hat, muss man einfach gerne Touristenführer sein!

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Als wir dann endlich am ersten Wald angekommen waren, konnte man wirklich merken wie tief sich Bill mit der Natur verbunden fühlt.

Er konnte uns alles zu den Baum-Giganten erklären:
Wusstet ihr, dass Kauris sich selbst reinigen, indem sie ihre schuppige Rinde abwerfen?
Und wenn man sie verletzt bluten sie – genau wie die Menschen.
Ihre enorme Größe ist übrigens dadurch bedingt, dass sie so lange wachsen bis sie höher sind als das Blätterdach der anderen Bäume und erst dann anfangen ihre Äste auszubreiten.
Man durfte übrigens nur auf den angelegten Wegen laufen, da man sonst die empfindlichen Wurzeln der Kauris zerstören könnte.

Dann ging es zum Gott des Waldes: Bevor wir ihn sehen konnten, kündigte Bill dem Kauri-Baum mit einem Lied auf maorisch unseren Besuch an.

DSC_1073Der Baum war wirklich riesig (genau genommen ist er über 50m hoch und hat einen Umfang von etwa 14m)!

Nach ein paar Minuten stimmte Bill ein weiteres Lied an – während er sang wurden alle anderen Besuchen mucksmäuschenstill und auch von den Vögeln hörte man keinen Ton mehr.
Es war ein wirklich sehr beeindruckendes Erlebnis und gleichzeitig auch ziemlich respekteinflößend!

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Der dunkle Punkt unten im Bild ist übrigens ein Mann mit Backpack auf dem Rücken.

Auf dem Rückweg haben wir beim Hokianga Harbour einen Stop eingelegt.
Hier soll Kupe – einer der Entdecker von Aotearoa (also Neuseeland) – das Land betreten haben, nachdem er seine Familie überzeugt hatte mit ihm auf die neu entdeckte Insel auszuwandern.

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Später hat uns Bill zum Abschied ein Stück Kauri-Gum geschenkt. Das ist schon einige hundert Jahre alt, aber riecht noch immer nach Kräutern und Wald.

Danach haben wir noch eine Lunch-Pause eingelegt und es ging wieder zurück nach Paihia.

 

Zum Abschluss habe ich noch eine kleine Geschichte aus der Mythologie der Maoris. Sie erklärt, wie die Kauribäume zu ihrer schuppigen Rinde kamen:

>>Der Wal und Tane Mahuta – beide die Giganten ihres Lebensraums – waren Freunde.
Allerdings konnten keiner von ihnen außerhalb seines Territoriums überleben.
Um das zu ändern beschlossen sie ihre Haut zu tauschen; der Wal legte seine Schuppen ab und gab sie dem Baum, damit er ihn ins Meer begleiten konnte.
Auf dem Weg ins Wasser sah Tane Mahuta, dass seine Freunde (die anderen Pflanzen in seinem Wald) sehr traurig waren, weil er sie verlassen wollte.
Deshalb dankte er dem Wal für das besondere Geschenk, aber beschloss auch weiterhin in dem für ihn bestimmten Wald zu leben.
Seit diesem Tage haben Wale keine Schuppen mehr.<<